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Wer etwas tiefer in den Werdegang vom Gerd zum Gaukler und darüber hinaus eintauchen möchte, findet hier einige Berichte, Würdigungen, Bilder und Kuriositäten aus seiner über 35jährigen Laufbahn...

Hinter den Fassaden – Portraits aus dem Landkreis Kassel

Portraits aus dem Landkreis Kassel
Kirsten Alers,

Kaufungen 2000

Jonglieren mit Erna, Fritz und Ernst Gerhard Mielke

Gaukler Gerd der Gaukler ist ein Beispiel dafür, dass es sogar in Nordhessen Orte gibt, in denen man sich freiwillig niederläßt. Und selbstredend dann auch wieder ein Beispiel dafür, dass die Zugezogenen das Leben in diesen Orten entscheidend mitgestalten. Aber in Kaufungen lebt und arbeitet der am 28.09.1956 in Bielefeld geborene Gaukler erst seit 1996. Und Gaukler war er auch nicht von Anfang an. Nach dem Abitur studierte Gerhard Mielke in Münster Diplompädagogik. Die ersten zarten Jonglierversuche gab es auf einem Musikfestival 1981 in Dänemark. Er hatte Feuer gefangen, übte zuhause weiter mit Apfelsinen, Kartoffeln und Vollholzkeulen. Und schon 1982 wagte er mit drei anderen den ersten Auftritt auf einem Bielefelder Flohmarkt: Jonglieren, Akrobatik und Theater – der Erlös reichte für Kakao und Kuchen. Nach einer Meniskusverletzung erfand Gerhard Mielke seine erste reine Jongliernummer: die „Dreierbeziehung“, bei der er seinem begeisterten Publikum, während die drei Bälle Erna, Fritz und Ernst umeinander kreisten, über deren kompliziert-komisches Dreiecksverhältnis erzählte. Das war der Durchbruch: Gerd der Gaukler hatte „sein Ding“ gefunden und legte im Sommer 1984 richtig los. Seine erste Tournee fand per Fahrrad und mit dem Rucksack auf dem Rücken in Westfalen statt. Am Ende hatte er einen Reingewinn von 100 DM übrig. Auch zu zweit mit einem Freund überzeugten sie mit eigener Ausstrahlung und Anfängercharme als D.Solat & D.K.Dent. Aber Gerd der Gaukler wollte mehr. Er übte in den folgenden Jahren mit Einrad und Diabolo, besuchte ein Jahr die Theaterschule in Brüssel, erlebte sein wildestes Straßenjahr während der documenta 1987 in Kassel und lernte noch ein weiteres Jahr an der Zirkusschule ebenfalls in Brüssel. Aber seine Spezialität blieben die Nummernprogramme mit Jonglieren und Einrad, mit denen er sich in seinen Wuppertaler Jahren (dorthin war er über die Rotzfreche Asphalt-Kultur gekommen) etablierte und bundesweit einen Namen machte. Gerd der Gaukler bietet kurze bis eineinhalbstündige Programme für gebannte Kinder und staunende Erwachsene. Er tritt auf (privaten) Festen, bei Geschäftseröffnungen, in sozialen Einrichtungen oder in Kooperation mit anderen Jongleuren und Clowns (Kleinkünstler unterschiedlicher Größe) bei Großveranstaltungen auf – und im Sommer 2000 als Warteschlangenentertainer bei der EXPO. Heute bleiben mehr als ein paar Mark Reingewinn übrig, aber immer noch hat Gerd der Gaukler Lampenfieber vor mancher Vorstellung – nicht zuletzt deshalb, weil er besonders seine jungen Zuschauer in die Tricks mit brennenden Fackeln oder wirbelnden Besen mit einbezieht und immer spontan mit Wort und Tat auf das Publikum reagiert. Keine Bühne schafft Distanz, ganz nah erlebt man den Gaukler – und er sich auch selbst immer wieder anders. In Kaufungen fühlt sich der Gaukler sehr wohl, er mag die kleinstädtisch-vertraute Atmosphäre und die anderen interessanten Menschen hier. Mit zwölf von ihnen hat er eine nachahmenswerte Kochgemeinschaft, die ihm jeden Werktag ein warmes Mittagessen und alle 14 Tage die Aufgabe beschert, für alle einzukaufen, zu kochen und den Abwasch zu erledigen.

Bekenntnisse eines Gaukler – Jonglierkunst und Wortakrobatik

Von manchen ersehnt, von anderen befürchtet präsentiert Gerd Mielke nun sein erstes abendfüllendes Bühnenprogramm. Als „Gerd der Gaukler“ seit Mitte der 80er Jahre im

In- und Ausland unterwegs, zwischen Kindergarten, Autohaus, Stadtfest und EXPO, hat er so einiges zu erzählen und zu bekennen.

Er verspricht einen halsbrecherischen Parforceritt durch den Werdegang vom Gerd zum Gaukler und zurück. Jonglierte Episoden verdammt nah an der eigenen Biographie, aberwitzige Geschichten und waghalsige Theorien wechseln mit skurrilen Lesungen von vertrackten Texten voller Wortakrobatik.

In einem linguistischen Essay sinniert er über Prolopen und Antipeller, unter der Rubrik „Autoerotische Texte“ kolportiert er die Liebe im und zum Auto, und auch eine Dreiballjonglage widmet er dem Thema „Liebe“ - und ihren Komplikationen.

Mit ein und zwei Diabolos illustriert er seine - nicht die einzige! – desorientierte Phase zwischen Studienende und Gauklerwerdung, und sein besonderes Verhältnis zum Buchstaben „e“ bringt er in einem Hexenbesengeschwenke voller sprachlicher und artistischer Finesse zum Ausdruck.

Ungeahnte lyrische Talente offenbaren sich bei seiner schon legendären Hochradbesteigung, und seine kompetent vorgetragene Entstehungsgeschichte z.B. nordhessischer Ortsnamen ist imstande, beim geneigten Publikum Zustände von Verzückung bis hin zu Fassungslosigkeit hervorzurufen

Irgendwo zwischen und inmitten von Schilderungen seiner frühen Jahre und späten Einsichten, von höherem Blödsinn und tieferer Wahrheit enthüllt sich die sonderbare Welt eines, dieses Gauklers. Eine ungewöhnliche, reizvolle Melange, mit den Begriffen Salto wortale oder Jongleratur annähernd korrekt umschrieben.

Die Presse schreibt:

„Keiner kann so mit Worten jonglieren und im Umkehrschluß mit Jongliergegenständen Geschichten erzählen wie dieser Flaneur zwischen Literatur und Artistik. ... Dass sich zu guter Letzt die Zugabe auf dem Hochrad nicht nur als hals-, sondern ebenso als zungenbrecherischer Balanceakt entpuppte, war dann das hochprofessionelle, gebührend gefeierte Tüpfelchen auf dem „i“. Ein wunderbarer Abend, dem hoffentlich weitere folgen werden.“
Premierenkritik der HNA, Kassel, 2004

„Gegen Mielkes provokante Grammatik- und Wortschatz-Metamorphosen verblasst sogar die Rechtschreibreform zum Kindergeburtstag . . .“
Westfälische Nachrichten, Münster, 2004

„Bekenntnisse eines Gauklers“ titelte das Programm des Jonglierkünstlers und Wortakrobaten. Und die Art und Weise, wie Mielke das eine mit dem anderen verknüpfte, sorgte beim begeisterten Publikum für Staunen, Schmunzeln, ja sogar wahre Lachkrämpfe. (...) Mühelos verstand es der charmante Gaukler, zwischen Jahrmarkt, Comedy und Kabarett hin- und herzujonglieren.“         
HNA, Kassel, 2005

Beziehungskisten mit bunten Bällen

Gerd der Gaukler stellte im Dock 4 sein erstes Abendprogramm vor – 
Premiere heftig bejubelt.

Man kennt ihn von zahlreichen akrobatisch-animatorischen Aktionen unter freiem Himmel. Er ist uns vertraut als mit-tragende Säule der „Kleinkünstler unterschiedlicher Größe“. Er ist der Favorit der kindlichen, jugendlichen und jung gebliebenen Klientel bei Straßenfestivals und Ortsbespielungen.

Gerd der Gaukler, mit bürgerlichem Namen Gerd Mielke, Absolvent der Brüsseler Zirkus- und Theaterschule, seit 20 Jahren schon im Dienste der luftigen Kunst die Gesetze der Schwerkraft aushebelnd. Dennoch hat er lange vor einem eigenen Abendprogramm zurückgescheut. Dass er diese Abneigung nun überwunden hat, ist für die Freunde exquisiter Kleinkunst ein Glücksfall.

„Bekenntnisse eines Gauklers“ heißt Mielkes Solo, das im Dock 4 seine heftig bejubelte Premiere feierte. Keiner kann so mit Worten jonglieren und im Umkehrschluss mit Jongliergegenständen Geschichten erzählen wie dieser Flaneur zwischen Literatur und Artistik. Die Dreierbeziehungskiste von Erna, Fritz und Ernst etwa, im reportagehaften Zeitrafferstil erzählt, symbolisiert durch drei verschiedenfarbige Bälle – ein durch die Luft gewirbeltes Psychodrama. Der entfesselte Tanz eines Hexenbesens, mit einem eloquenten Subtext unterlegt, in dem als einziger Vokal der Buchstabe „e“ vorkam – ein raffiniertes Spiel mit den Polen Überschwang und Selbstbeschränkung. Auch das Diabolo dient Gerd Mielke nicht einfach als Instrument für Kunststücke. Mit ihm illustriert er vielmehr sinnfällig den Trudelkurs seines Lebensschiffchens, vom hoffnungsvollen Aufbruch bis hin zur immer gegenwärtigen Gefahr des Kenterns.

Dass sich zu guter Letzt die Zugabe auf dem Hochrad nicht nur als hals- sondern ebenso als zungenbrecherischer Balanceakt entpuppte, war dann das hochprofessionelle, gebührend gefeierte Tüpfelchen auf dem „i“. Ein wunderbarer Abend, dem hoffentlich weitere folgen werden.

HNA, Kassel, 20.03. 2004

Szenen Regionen :: Kassel Jongleur mit Dingen und Worten

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Gerd der Gaukler feiert sein 25-jähriges Bühnenjubiläum

Wenn Gerd Mielke 1984, nach dem Abschluss als Diplompädagoge an der Uni Münster, seine gelernte Profession aufgenommen hätte, stünde dieses Jahr ein etwas anderes 25-jähriges Berufsjubiläum an. Doch der gebürtige Bielefelder entdeckte parallel zum Studium seine Faszination an der Kunst, die Dinge der Schwerkraft zu entziehen.

Die ersten Jonglierübungen, klassischerweise mit drei Bällen, gehen auf das Jahr 1981 zurück – die berühmte Dreiecksgeschichte von Erna, Fritz und Ernst, ein Markenzeichen späterer Programme, hier hat sie wohl ihren Ursprung. Drei Jahre später, Mitte Juni 1984, macht er sich, kaum ist das Examen gebührend begossen, per Fahrrad, ein paar Jongliergeräte im Gepäck und vier Mark im Portemonnaie, auf den künstlerischen Weg ins Münsterland, wo er, unter dem Namen D.Solat erste Engagements als Jongleur, Gaukler und Einradartist findet.

Wenige Tage nach der Solo-Premiere, am 21. Juni, findet der erste Duo-Auftritt statt. Sein Partner Andreas Hartmann, heute gefragter Regisseur und 50 % des Walk-Acts „Mathilda & George“, nennt sich passend dazu D.K.Dent. „D.Solat und D.K.Dent“ – drei Jahre lang eine fruchtbare künstlerische Beziehung. 1986 zieht es Gerd nach Brüssel, wo er Clown, Pantomime und Maskenspiel studiert sowie Jonglage, Einrad, Akrobatik, Seillaufen und andere Luftgängereien. Danach wird Wuppertal seine künstlerische Heimat. Er nennt sich nun „Gerd der Gaukler“, professionalisiert sich weiter und kultiviert vor allem die hohe Tugend der Vernetzung mit anderen Kleinkünstlern – eine Tugend, die seit seinem Umzug nach Kaufungen 1996 der nordhessischen Szene zugutekommt.

2000 erhält er ein 45-Tage-Engagement auf der EXPO in Hannover, neue Spielfiguren entstehen, wie der mittelalterliche „Gaukler Gerhardus“, der ruppig-charmante „Hausmeister Mielke“ und der zerstreute Forscher „Engelbert Stengelbrecht“. Doch im Zentrum seines gestalterischen Eros steht „Gerd der Gaukler“, mit seiner charakteristischen Verbindung von Wort- und Gegenstandsjonglage. Ein Geschichtenerzähler der immer wieder anderen Art, und das seit 25 Jahren.

Seinen Jubiläumsauftritt hat er gleichsam vor der Haustür: bei den „Dorftagen Kaufungen“. Mit Andreas Hartmann, seinem Mitstreiter der frühen Jahre. So schließt sich der Kreis.

aus: TROTTOIR, Magazin für Kleinkunst, Kabarett, Varieté und Gala Heft 63, Juni/Juli/ August 2009 Redaktion: Verena Joos

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